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Frauen-WM in Kanada abgesagt
Die Vorfreude war groß, die Enttäuschung nach der kurzfristigen Absage daher
umso größer – einen Tag vor der geplanten Abreise der deutschen Mannschaft
am 22. April wurde die Frauen-Weltmeisterschaft abgesagt. Das Turnier hätte
eigentlich vom 6. bis zum 16. Mai in Kanada stattfinden sollen.
Sicherheitsbedenken aufgrund der aktuellen Corona-Situation der örtlichen
Behörden in der Provinz Nova Scotia, in der sich die beiden Spielorte Halifax
und Truro befinden, sorgten nun jedoch für das Aus. In Kanada sind die Zahl
der Corona-Infektionen und die Impfquote auf einem ähnlichen Niveau wie in
Deutschland. Im Gegensatz zu den USA sind also deutlich weniger Menschen
bereits geimpft. Dem zur Folge waren beispielsweise auch in Kanada – anders
als im südlichen Nachbarland – bis zum Redaktionsschluss dieses Heftes (Ende
April) keine Zuschauer zu NHL-Spielen zugelassen. Nachdem bereits 2020 die
Weltmeisterschaft wegen der Pandemie entfallen musste, droht den Frauen
damit ein zweites Jahr ohne ihr eigentliches Saisonhighlight.
„Es ist extrem enttäuschend, wir waren voll auf die Abreise eingestellt und
froh, dass wir durch die schwierige Vorbereitung so gut durchgekommen sind.
Wir waren voller Vorfreude und Energie und hoch motiviert, das trifft uns hart.
Es ist wirklich ganz bitter, dass die WM schon das zweite Mal hintereinander
abgesagt wird, wo wir doch so viel dafür in Kauf genommen haben“, zeigte
sich Nachwuchs-Bundestrainerin Franziska Busch unmittelbar nach der Absage
enttäuscht. Die DEB-Frauen waren zu diesem Zeitpunkt gerade am Ende ihrer
ungewöhnlich langen Vorbereitung seit dem Ende der Bundesligasaison Mitte
März in Füssen angelangt und bereit zum Abflug nach Kanada. Gerade der Reiz,
eine WM im Mutterland des Eishockeys zu spielen, hatte ihren ganz besonderen
Reiz, wie Nationalspielerin Anna Fiegert noch wenige Tage vorher deutlich
machte: „Dort ist Eishockey die Nationalsportart und auch den Frauen wird eine
größere Plattform geboten. In Kanada ist das Eishockey fast überall präsent.“
Daraus wurde nun jedoch nichts.
Dabei sah es für die deutschen Frauen in Anbetracht der Pandemie lange
nach einer fast optimalen Vorbereitung aus. Nachdem es zuvor in einem
Jahr lediglich drei Länderspiele im Februar in der Schweiz (1:0 nach Penalty-
Schießen, 2:1 und 3:4 aus DEB-Sicht) gab, konnte die unmittelbare WM-Vorbereitung,
die in drei Phasen unterteilt und in Füssen abgehalten wurde,
ohne größere Zwischenfälle durchgezogen werden. Auch die einzigen beiden
Testspiele im Rahmen der zweiten Phase gegen Österreich (5:1 und 2:3
nach Verlängerung) fanden wie geplant statt. Eine lange Zeit, die von den
Spielerinnen auch einige Entbehrungen erforderte, wie Verteidigerin Daria
Gleißner aufzeigte: „Es ist schon sehr schade, wenn man bedenkt, wie viel Zeit
und Arbeit wir in die Vorbereitung gesteckt haben. Dazu haben wir alle auf
unsere Freunde und Familien verzichtet, um die sozialen Kontakte so gering
wie möglich zu halten. Als wir von der Absage erfahren haben, war ich im
ersten Moment erstmals komplett emotionslos und geschockt. Es tat mir richtig
gut, nach Hause zu meiner Familie zu kommen und dadurch jetzt auch etwas
Abstand zu dem Ganzen zu bekommen.“
Nach der Anreise nach Kanada hätte das gesamte Team eine achttägige
Einzelquarantäne erwartet. Danach wären noch vier Trainingstage sowie
ein abschließendes Testspiel vor Ort gegen Dänemark auf dem Programm
gestanden, ehe es ab dem 6. Mai und dem Auftaktspiel gegen Japan ernst
geworden wäre.
All diese Pläne liegen nun sprichwörtlich vorerst auf Eis. Der Weltverband IIHF
hat angekündigt, sich intensiv um eine Alternativlösung zu bemühen. Auch von
anderen Spielorten (eventuell gar in einem anderen Land) und einer WM in den
Sommermonaten ist die Rede. Bis zum Redaktionsschluss dieses Heftes gab es
dazu jedoch noch keine finale Entscheidung. Eine unmittelbare Alternativlösung
war indes nicht möglich, da die IIHF ebenfalls von der Absage überrascht
wurde, wie Präsident René Fasel in einem offenen Brief deutlich machte: „Da
sowohl die IIHF als auch der kanadische Verband einige Tage vor der Absage die
Zusicherung erhalten hatten, dass die Veranstaltung stattfinden würde, kam
diese Nachricht völlig unerwartet.“ Gerade aufgrund der Corona-Pandemie war
es daher auch nicht möglich, auf die Schnelle einen Ersatzort für ein Turnier,
an dem zehn Nationen teilnehmen sollen, zu finden. Fasel fügte aber auch
an, „dass man von Seiten der IIHF jeder Spielerin gegenüber die Verpflichtung
habe, zu versuchen, das Turnier noch in diesem Jahr nachzuholen.“
Egal, ob die Weltmeisterschaft 2021 noch nachgeholt wird, wartet auf die
deutschen Frauen im November noch ein weiteres Highlight. Dann geht
es gegen Dänemark, Österreich sowie einen noch zu ermittelnden dritten
Gegner im Qualifikationsturnier um ein Ticket für die Olympischen Spiele im
kommenden Jahr in Peking. Nachdem die bis dato letzten Spiele in Südkorea,
bei denen die männlichen Kollegen sensationell Silber abräumten, knapp
verpasst wurden, ist die Motivation im Lager des DEB diesmal umso größer.
Dass das Qualifikationsturnier auch noch in Deutschland – und bis dahin
vielleicht sogar vor Zuschauern – stattfindet, kann zum entscheidenden Vorteil
werden. Dazu sagte der neue DEB-Sportdirektor und ehemalige Frauen-
Bundestrainer Christian Künast: „Es ist für uns eine gute Möglichkeit und wir
haben sicher einen kleinen Heimvorteil, aber die Spiele müssen natürlich erst
gespielt werden. Die Aufgaben sind schwierig, aber lösbar und wenn man zu
Olympia will, muss man sich eben dort durchsetzen.“ Und so würden eineinhalb
Jahre, die vor allem durch mehrere unverschuldete Rückschläge abseits des
Eises geprägt waren, für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft doch noch
ein versöhnliches Ende finden.